Analyse des Gedichts
Gefunden
von Johann Wolfgang von Goethe
In dem Liebesgedicht „Gefunden“, welches von Johann
Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) im Jahre 1813 für seine Frau Christiane (1765
– 1816) anlässlich des 25. Jahrestages ihrer ersten Begegnung im Park
geschrieben wurde, handelt von besagtem Treffen welches Goethe im Gedicht bildlich
beschrieben hat. Er erzählt darin wie er ein Blümchen im Walde stehen sah und
wie er es mit nach Hause genommen hat. Vermutlich möchte Goethe mit seinem
Gedicht zeigen, dass man in eine gut funktionierende und tief verankerte
Beziehung viel Geduld und Mühe stecken muss, und dass eine Frau wie eine Blume
„eingeht“, wenn der Mann keine Arbeit in ihre Beziehung investiert und sie
nicht angemessen behandelt.
Das Gedicht „Gefunden“ hat fünf Strophen mit jeweils
vier Versen. Goethe hat einen Kreuzreim verwendet, wobei sich der erste Vers
nicht auf den Dritten, jedoch der zweite Vers sich auf den Vierten reimt. Als
Metrum wurde ein durchgängiger Jambus verwendet und die Kadenzen sind
abwechselnd weiblich und männlich. Das lyrische Ich ist im Gedicht ein Mensch,
der in den Wald geht und dort ein Blümchen findet. Im übertragenen Sinn ist
dieses Blümchen Goethes Frau Christiane und aufgrund des Anlasses, weswegen das
Gedicht verfasst wurde, ist das lyrische Ich Johann Wolfgang von Goethe.
Der Mann im Wald findet liebevoll ein kleines Blümchen.
Der Inhalt des Gedichtes beläuft sich darauf, dass das
lyrische Ich in einen Wald geht und dort auf ein Blümchen trifft. Er möchte das
Blümchen natürlich abpflücken mitnehmen, es entgegnet jedoch: „Soll ich zum
Welken gebrochen sein?“ (Z.11-12) daraufhin gräbt er es mit den Wurzeln aus,
nimmt es mit nach Hause uns gräbt es im Garten wieder ein. Dort kann das
Blümchen sich entfalten und weiterleben und muss nicht verwelken.
Zu Beginn des Gedichts gibt das lyrische Ich an, dass
„nichts zu suchen“ (Z. 3) seine Intention war, als es beschloss, einen
Waldspaziergang zu machen. Es war also reiner Zufall dass es dort sein
„Blümchen“ traf, denn es hatte überhaupt nicht damit gerechnet. Goethe
verwendet daraufhin einige Beschreibungen, wie beispielsweise, dass er das Blümchen
im Schatten stehen sah und es schöne Äuglein hatte. Er möchte damit auf die
Schönheit seiner Frau aufmerksam machen, die ihm sofort aufgefallen ist.
Durch das gesamte Gedicht hindurch wurden kurze,
einfache Sätze verwendet. Das drückt eine gewisse Unkompliziertheit aus, was
den Inhalt des Gedichts unterstützt, indem es zeigt, wie einfach es eigentlich
ist eine sichere Beziehung zu einer Frau aufzubauen, da man sie nur genug
wertschätzen muss.
Was außerdem sprachlich an diesem Gedicht auffällig
ist, ist dass der Autor durch das gesamte Gedicht hindurch bildlich spricht. Er
spricht von dem Blümchen, was er ausgräbt, meint jedoch eine junge Frau, die er
kennenlernt, und einige Zeit später heiratet.
Dass er das Blümchen sieht, seine Schönheit bewundert,
und es anschließend ausgraben will, bedeutet also, dass das lyrische Ich
eigentlich eine junge Frau sieht und sie sehr attraktiv findet. Er möchte sich
demnach mit der jungen Frau treffen und sie näher kennenlernen, jedoch sagt das
Blümchen, also die Frau, dass es verwelken wird, wenn der Mann es einfach
abpflückt.
Meiner Meinung nach bedeutet das Abpflücken in diesem
Kontext, dass das lyrische Ich die Blume, also genau genommen Goethe die junge
Frau, einfach mit nach Hause nehmen will wie es gerade Lust hat. Er möchte die
Blume nur abpflücken und sich nicht um sie bemühen. Die Blume, also die junge
Frau, entgegnet jedoch: „Soll ich zum Welken gebrochen sein?“ Damit möchte sie
ausdrücken, dass sie welken wird, wenn man sie einfach mitnimmt ohne Bemühungen
und Rücksicht darauf, dass sie so in kurzer Zeit eingehen wird.
Das lyrische Ich sieht ein was das Blümchen damit
meint, und gräbt es mitsamt den Wurzeln aus, anstatt es einfach achtlos
abzupflücken ohne an die Folgen zu denken.
Übertragen heißt das, dass Goethe verstanden hat, dass
er mehr Mühe in die Beziehung mit Christiane stecken muss, wenn er will, dass
sie auch weiterhin eine schöne und glückliche Frau bleibt. Er muss sie schätzen
und ehren und sie mit all ihren Fehlern nehmen, muss Kraft und Arbeit rein
stecken, sie mit zu sich zu nehmen und darf sie nicht einfach achtlos mitnehmen
ohne Mühe zu investieren und ohne über ihr Wohl nachzudenken.
Denn Goethe schreibt am Ende, dass dadurch, dass er
das Blümchen ausgegraben, Arbeit in den Transport gesteckt, und sie in seinem
Garten wieder eingegraben hat, es nun immer „zweigt“ (Z. 19) und „fortblüht“
(Z. 20), seine Frau also genau so schön und glücklich bleibt, wie er sie einst
im Walde kennengelernt hat, da er sie so wertschätzt und liebt.
Da Goethe das Gedicht für seine Frau geschrieben hat,
nehme ich an, dass er ihr damit zeigen wollte, wie viel sie ihm in ihrer
Beziehung gelehrt hat. Nur durch sie weiß er, wie wichtig es ist, Frauen
angemessen zu behandeln. Zu Goethes Lebzeiten war es nämlich normal, dass
Männer sich die Frau, die ihnen gefiel, einfach mit nach Hause nahmen. Es war
nicht üblich erst eine feste Beziehung aufzubauen und die Frau hatte in der
Wahl ihres Mannes kein Mitspracherecht. Durch die Begegnung hatte Goethe jedoch
gemerkt, dass man Frauen mit Respekt und Achtung behandeln muss. Sonst gehen
diese ein und werden schnell zu einem anderen Menschen, der sich wertlos und
ungeachtet fühlt. Christiane hatte Goethe durch ihre Schönheit und ihren
offenbar dominanten Charakter also gezeigt, dass Frauen es verdient haben, von
ihren Männern gut behandelt zu werden. Durch das Gedicht zeigt Goethe ihr, dass
er diesen Charakter an ihr liebt, da sie ihm erst die Augen geöffnet hat,
weswegen das Gedicht trotz der belehrenden Moral als Liebesgedicht bezeichnet
werden kann.