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Content: Entdecken Sie die Welt der Epik mit unserer Powerpoint Präsentation. Erfahren Sie mehr über narrative Texte, von antiken Epen bis zur modernen Prosa, und verstehen Sie die Unterscheidung zwischen literarischem und alltäglichem Erzählen. Tauchen Sie ein in die Erzähltheorien von Stanzel bis Genette und erkunden Sie die Struktur epischer Werke. Perfekt für Literaturbegeisterte und Studierende – erweitern Sie Ihr Wissen jetzt!
„Die Spiegelgeschichte“ von Ilse Aichinger
Die Spiegelgeschichte, von Ilse Aichinger 1949 verfasst und im August desselben Jahres in vier Folgen in der Wiener Tageszeitung veröffentlicht, handelt von einer jungen Frau, deren Lebensgeschichte rückwärts erzählt wird. Am Anfang und am Ende der Geschichte steht der Tod. Eine außenstehende Stimme erzählt der jungen Frau ihr Leben. Die Stimme redet hierbei in der "Du-Form".
Die Autorin erhielt 1952 für dieses Prosastück den Literaturpreis der Gruppe 47.
•sozialkritische Geschichte über das Problem, dass Frauen nur illegal abtreiben können, was zu Krankheit, Unfruchtbarkeit und Tod führen kann
Zeitstruktur
eine experimentelle, kreative Schreibweise wird eingesetzt, die das Prinzip der Umkehr, die aus der Spiegelreflexion entsteht, auf viele Weise fruchtbar macht:
Spiegel = immer auch Betrachtung des Ich, der Identität; chronologische Umkehr, die Geschichte läuft sozusagen rückwärts, aber nicht ganz, sodass eine Art Spiegel im Spiegel entsteht; auch “Speculum” – ein Instrument des Gynäkologen; auch gespiegelt: Schicksal der Mutter und Schicksal des abgetriebenen Kindes (blinder Spiegel repräsentiert den Tod des Kindes und der Mutter)
Ambiguität, Vieldeutigkeit, aufgebrochene Chronologie: dadurch wird die Geschichte für den Leser schwierig, aber auch sehr reichhaltig; ein Meisterwerk der Literatur.
Auch, wenn die Erzählung aus der Rückblende erzählt wird, sind die einzelnen Handlungsabschnitte vorwärts gerichtet (
diskontinuierliche Chronologie (Achronie)
•Frequenz:
singulativ
Modus
•Erzähler:
auktorialer Du-Erzähler
Mittelbarkeit ist hoch
Erzähler steht sehr nah bei der Protagonistin, tritt in Dialog mit ihr und dem Leser
[„Geh jetzt, jetzt ist der Augenblick …“]. Der Erzähler kommentiert die Handlung und ist allwissend
Innensicht: Der Erzähler tritt gleichzeitig ein in die Innensicht der Protagonistin
•Erzählerrede:
direkte Adressierung an die Protagonistin, direkte Adressierung an ein unbestimmtes Gegenüber in der 2. Person Plural (ihr)
•Figurenrede:
direkte Rede:
z.B. „Mach es lebendig, sonst stoß ich deine gelben Blumen um, sonst kratz ich dir die Augen aus, sonst reiß ich deine Fenster auf und schrei über die Gasse, damit sie hören müssen, was sie wissen, ich schrei - -“
•Was wird er sagen? Schnell, eh ihr an der See seid, die unvorsichtig macht! Was sagt er? Was ist das erste Wort? Kann es denn so schwer sein, dass es ihn stammeln lässt, dass es ihn zwingt, den Blick zu senken? Oder sind es die Kohlenberge, die über die Planken ragen und ihm Schatten unter die Augen werfen und ihn mit ihrer Schwärze blenden? Das erste Wort – jetzt hat er es gesagt: es ist der Name einer Gasse.
So heißt die Gasse, in der die Alte wohnt. Kann denn das sein?
Still! Laß sie reden!
Stimme
Ein Tag wird kommen, da siehst du ihn zum erstenmal. Und er sieht dich. Zum erstenmal, das heißt: Nie wieder. Aber erschreckt nicht! Ihr müßt nicht voneinander Abschied nehmen, das habt ihr längst getan. Wie gut es ist, daß ihr es schon getan habt!
Rede unter dem Galgen [Aus: Ilse Aichinger: Der Gefesselte, 104 Seiten, 1953, S. Fischer Verlag]
„Wie lange lebst du noch, da unten, du, der links von dir, dich mein ich – wieviele Jahre hast du noch zu leben? Du weißt es nicht, soll ich dir ’s sagen? Eins! Und jetzt der rechts, wie viele Stunden? Eine! Und der daneben – wie viele Augenblicke? Einen, sag ich dir! Ihr glaubt mir ’s nicht? . Keiner von euch lebt nur um einen halben Vogelschrei länger als ich, keiner von euch lebt länger als noch einen Augenblick.“