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Aufsatz
Deutsch

DEO Cairo

2018

Selina I. ©
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sternsternsternsternstern
ID# 77487







Was ist Liebe?-Max Frisch-

Was versteht man unter der wahren Liebe? Viele Menschen beschreiben Liebe als das größte menschliche Gefühl. Scheinbar hängt also Glück stark von einem Leben in Liebe ab. Wo fängt man überhaupt an: Ist Liebe ein Gefühl oder mehr? Handelt es sich nur um Gefuhle, die man nicht beherrschen kann? Oder ein Versprechen, die viele nicht behalten konnen?

Einer der Grunde, weshalb die Liebesbeziehung zwischen Agnes und dem Ich-Erzahler gestort ist, liegt an der ,,Asymmetrie“ (S.45) der beiden .

Widerspruchlich zur Max Frischs Definition der Liebe als die Befreiung jedes Bildnisses und die Bereitschaft, den Menschen, den man liebt, in all seinen Entfaltungen zu akzeptieren und zu folgen, erschafft sich der Ich-Erzahler eine Figur nach seinen Wunschen, die vermutlich die reale Agnes schlieβlich zur Tode fuhrt.

Der Roman beginnt mit der Aussage, dass sie tot sei (S. ). In der erzahlten Wirklichkeit gibt es sie also nicht mehr. Nur in der Ruckblende des Ich-Erzahlers ,,entsteht und aufersteht“ sie als eine Figur aus zweiter Hand. Im Verlauf des Romans verliert Agnes an klaren Konturen.

Mit der zunehmenden Abhangigkeit vom Erzahler gibt sie ihre Autonomie auf, mit der fiktiven Agnes schwinden die Vitalitat, ihre eigene Meinung und ihr Widerstand, sodass sie sich selbstentfremdet (vgl.S.42).

Max Frisch beschreibt die Liebe mit der Aussage, dass man dem Menschen liebt, solnge man sie liebt“ als unendlich und bedingungslos. Der Erzahler liebt jedoch Agnes nur, wenn sie seiner Vorstellung und Bildnis entspricht. Er neigt dazu, fast nur noch in seiner Geschiche leben zu wollen.

Da Agnes Schwangerschaft nicht in seiner fiktionalen Zukunftsplanung vorgesehen ist, kommt es zum Bruch.

Laut Max Frisch wird man nie von seinem Geliebten gelangweilt. Genau dies ist auch in der Beziehung zu Agnes feszustellen, jedoch in einem negativen Sinne konnotiert. Der Erzahler findet Unterhaltung in der Beziehung, da er sich gegenuber Agnes dominant fuhlt.Als Agnes sein ,,Geschopf“ (S. 62) wird, kann er die Zukunft vorherbestimmen.

Er lasst sie im blauen Kleid erscheinen (S. ) und gibt ihr vor, zu ihm zu ziehen. (vlg. S.114). Durch die Beziehung mit Agnes erlangt er zunachst die Kontrolle wieder, die er beim Schreiben fiktiver Geschichten verloren hat. Er hat es nie geschafft, seine Stoffe zu beherrschen.

Er hat Menschenkenntnis, deshalb fallt es ihm leicht zu beurteilen, wie schwach und naiv Agnes ist. Demzufolge nimmt er sie als ein Opfer und druckt sie in die Binnenhandlung ein, bis sie sich zum Entschluss kommt, fur immer aus seinem Leben zu treten. Aufgrund der Tatsache, dass er selbstorientiert ist, nutzt er die 20Jahre jungeres Madchen als ein Objekt zur Befriedigung seiner eigenen Lust.

Gegenuber Agnes empfindet er bereits fruh eine ,,fast korperliche Abhangigkeit‘‘, sodass er von ihr nicht loslassen kann. Fur ihn gilt das Gefuhl ,ein halber Mensch zu sein, wenn sie nicht da ist, als eine Demutigung und Schwache (vgl.S.61), da seine Freiheit somit gedrangt wurde.

Der Erzahler stellt jedoch Freiheit uber Gluck (vgl. S.110) und versucht dementsprechend mit dem Verstoβ der Geschichte in die Zukunft seine Freiheit Stuck fur stuck wieder zuruckzugewinnen. Die Einladung zu Louises Neujahresparty wirkt wie eine Erlosung aus dem Gefangnis der Beziehung.

Der Ich- Erzahler findet Agnes ratselhaft und geheimnisvoll, was nicht zur Abenteuerlichkeit in der Beziehung, sondern eher zu ihrem Scheitern fuhrt. Schon der Name ,,Agnes“ ist fur ihn ,,seltsam‘‘ (S.16). Dass er sie also wie die verliebten Dichter ihre Gelibeten faziniert mit dem unfassbaren All vergleicht, kommt nicht in Frage.

Daruberhinaus hat er keine Achtung fur Agnes, sodass er uberhaupt nichts von ihr weis“ (vgl.S. 127). Ein Hinweis dafur, dass er Unfahig zur Kommunikation ist, dass er ihre Korpersprache nicht versteht: ,,( ) ihr Blick, dessen Sprache (er) nicht verstand“ (s.53) . Auserdem bricht er Diskussionen ab,: ,,Doch“, sagte Agnes. ,,Komm , sagte ich, gehen wir zuruck ins Bett“ (S.28).

Ein anderes Beispiel ist als Agnes ihn fragt, ob er mit Louise geschlafen habe. Der Erzahler lasst ihre Frage unbeantwortet und stellt ihr die Gegenfrage, ob es wichtig sei. (S.129)

Beide Figuren sind einsam. Obwohl der ich-Erzahler schon ein Jahr in der Stadt lebt, hat er niemanden kennengelernt (14,148). Er akzeptiert das Alleinsein und geht deshalb bewusst an Orte, in deren Anonymitat er isoliert bleibt und an denen er in seiner lieb gewonnenen Einsamkeit geschutzt ist.

Als die Kanera das erste Mal auf ihn schwenkt, machte er eine Grimasse (S. 10), verstellt sich also. In einer spateren Einstellung nahert sich die Kamera so stark an, dass das Bild ,,unscharf‘‘ (S.11)wird. Am Ende des Romans, als der Erzahler in der Gegenwart erneut das Video anschaut, verhindert das Ende des Videobandes die Auflosung seiner geheimnisvollen Identitat (vgl.S153).

Das Verhaltnis zu Louise zeigt die Eigenschaften des Erzahlers noch einmal in verdichteter Form. Ihr verbindliches Liebescredo kommt dem Erzahler entgegen. Ohne ineinander verliebt zu sein, kussen sie sich im Archiv ihrer Firma. ,,Hauptsache wir amusieren uns‘‘ (S.106) , ist ihre Auffassung.

Am Ende der Neujahresparty schlafen sie sogar miteinander . Als der Erzahler merkt, dass fur Louise aus dem reinen sinnlichen Vergnugen mehr zu werden droht, scheit er vor der festeren Bindung zuruck.

Er reagiert darauf hingegen mit Insensiblitat und sogar Eifersucht, weil ihre Geschichte besser als alles war, was er in den letzten 10Jahren geschrieben hatte und schamt sich fur die magere Ausbeute seines bisherigen Lebens (S.30). Ab diesen Zeitpunkt beginnt er wieder zu schreiben, um sich selbst als besser auszuweisen.

Agnes bittet auch dem Ich-Erzahler eine Geschichte uber sie zu schreiben(vgl.S. ), damit sie an seinem Leben teilnimmt und an Anerkennung gwinnt, die sie immer als Kind von ihrem Vater verweigert wurde (vgl.S.33).

Daraufhin kann man schlussfolgern, dass das Entscheidende fur das Scheitern der Beziehung zwischen den beiden ihre unterschiedliche Sicht uber die Liebe ist.

Nach dem Sternbergs Dreiecksmodell basiert die Liebe aus 3 Grundbestandteilen: Intimitat, Verbindlichkeit und Leidenschaft. Fur eine funktionierende Beziehung mussen alle drei Komponenten vorhanden sein.

Demzufolge hat er eine Distanzhaltung zur Liebe und ,,hatte gelernt solchen Gefuhlen auszuweichen“ (S.14). Dadurch, dass er verantwortungslos sein will, will er auch kein Kind.“ (S.90).

Im Vergleich dazu, ist der Ich-Erzahler fur Agnes ein Ersatz ihres Vater, mit dem sie eine vegiftete Beziehung hatte.

Meiner Meinung nach zeigt Agnes wahre Liebe gegenuber dem Ich-Erahler, da sie ihn all mit seinen inneren Komplexen ausgehaltet hat. Wer das Buch ,,Agnes“ oberflachlich liest, wurde Agnes aufgrund ihren komischen Charakter und ihren geringen Sozialkompetenzen fur das Scheitern der Beziehung beschuldigen.

Beim tieferen Lesen allerdings, erkennt der Leser, dass der Ich-Erahler sich als das Opfer portriert mit dem Ziel, den Leser an seiner Seite zu gewinnen. Agnes verrucktes Verhalten wie fur ihr totes ungeborene Baby Kleider einkaufen zu gehen, gelten als eine Hilfeschrei.

Beide konnen das Bildnis, die jeder fur den anderen geschaffen hat, nicht erfullen und somit handelte es sich von Anfang an schon kaum um die Liebe, sondern um eine Geschichte uber den Verrat der Liebe.


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