Leben des Galilei - B. Brecht
Gesprächsanalyse Bild 6
Der vorliegende Textausschnitt
stammt aus dem 6. Bild des Theaterstücks ,,Leben des Galilei" von Bertolt
Brecht, geschrieben 1939, handelt von der Auseinanderzetzung Galileis mit der
Kirche im Forschungsinstitut Vatikans. Das Bild spielt im Rom im Collegium
Romanum und mehrere Geistlichen warten darauf, dass der Chef Astronom des
Vatikans Clavius das Ergebnis der Prüfung von Galileis Entdeckung bekannt ist.
Diese Textstelle lässt sich im
Gesamtzusammenhang thematisch nach dem Ausbruch der Pest in Florenz und vor dem
Maskenball in Rom einordnen. Bei diesem Maskenball wird Galilei vomn dem
Kardinal Barberini aufgefordet, seine Forschungen zu unterlassen und die
Inquisition verbietet die kopernikanische Lehre.
Dieser Textausschnitt befindet
sich am Ende des 6. Bildes. Zum Beginn hält der alte Kardinal eine Rede
darüber, dass Clavius vielzulange für die Nachforschungen braucht und spricht
von den Menschen als ,,Krone der Schöpfung" und ,,Gottes höchstes und
geliebtes Geschöpf". Durch die rhetorische Frage ,,(...) Kleinigkeit
wirklich nicht schneller fertig werden?"(vgl. S.63 Z.19/20) wird deutlich,
dass das kopernikanische Weltbild für den Kardinal etwas Unwichtiges und
sinnlos ist. Er stellt Galileis Theorie in Frage und behauptet, dass die Kirche
der Mittelpunkt von allen sei. Der sehr alte Kardinal steht für die Ansichten
der Kirche und, demzufolge, auch für das alte Weltbild.
Weiterhin nennt er Galilei als
ein ,,Feind der Menschengeschlechts(...)". Hier wird wieder den Fakt
hervorgehoben, dass der alte Kardinal mit Galileis Theorie nicht zustimmt.
Daraufhin informiert der dicke Prälat den sehr alten Kardinal vorsichtig, dass
Galilei anwesend sei. Der Kardinal wendet sich an Galilei und erklärt ihm,
dass, obwohl er nicht mehr so gut sieht, die Änlichkeit zwischen Galilei und
dem verbrannten Mensch noch erkennt. Hier wird seine Provokation und Ironie
gegenüber Galilei deutlich und indirekt auch seine Warnung, dass Galilei ein
groβes Risiko eingeht mit seinen Forschungen. Ferner wird durch die rhetorische
Frage des Kardinals ,, Wie hieβ er doch?" (vgl. S.64 Z.3) veranschaulicht,
dass der Kirche bzw. Inquisition egal ist, wenn sie verbrennen. Die Hauptsache
ist, dass niemand gegen ihr System und gegen ihre Machtinstanz ankämpft. Der
kleine Mönch bemerkt, dass der Kardinal auβer sich ist und sagt ihm der Artz
habe verordnet, er solle sich nicht aufregen. Die folgende Regieranweisung vor
der Rede des alten Kardinals ,,schüttelt ihn ab" (vgl. S.64 Z.7)
verdeutlicht dessen Überheblichkeit und zeigt auch seinen Egoismus. Dieses
egozentrische Verhalten kommt vor allem durch die häufige Wiederholung der
Pronomen ,,Ich", ,,mich" und ,,mir" zum Ausdruck, als auch durch
den Kommentar ,,(...) ich bin im Mittelpunkt, (...) auf mir allein." (vgl.
S.64 Z.15-17). Am Ende seine Rede fällt der Kardinal in Ohnmacht. Dies ist ein
Symbol für den Zusammenbruch der Ideologie der Kirche und des alten Weltbildes,
da der sehr alte Kardinal diese Ideologie verkörpert. Die folgende Exclamatio
des Mönches ,,Eure Eminenz haben sich zuviel zugemutet!" hebt die groβe
Bemühung des alten Kardinals hervor, seine Meinung nicht ändern zu wollen.
In diesem Moment kommt der
groβe Clavius und seiner Astronomen. Er geht durch den Saal schnell und
schweigend und schon am Ausgang sagt er einem Mönch, dass Galileis Theorie
stimmt. Die folgende Regieranweisung ,, Die Tür hinten bleibt offenstehen"
symbolisiert die Probleme bezüglich des Weltbildes Galileis, die noch vorkommen
könnten, obwohl der groβe Clavius es schon akzeptiert hat. Durch die Ellipse
,,Totenstille" wird deutlich, dass niemand die Zustimmung Clavius
erwartete. Weiterhin kommt der Kardinal zu sich und fragt, ob die Entscheidung
gefallen ist. Aber niemand wagt es ihm zu sagen, denn man wusste, dass der
Kardinal sich nicht gut fühlen wurde, wenn er über die Zustimmung Clavius
wusste. Der Mönch wendet sich an der sehr alten Kardinal und sagt ihm, er musse
nach Hause gebracht werden.
Im Folgendem, verlassen alle
den Saal. Nur ein kleiner Mönch aus der Komission des Clavius bleibt bei
Galilei stehen. Der kleine Mönch sagt dem Herrn Galilei euphorisch, dass er
gesiegt hat. Aber Galilei sucht ihn zurückzuhalten und erklärt ihm, dass die
Vernunft gesiegt hat. Hier wird das aufklärische Denken veranschaulicht. Der
kleine Mönch ist schon weg und auch Galilei geht. Als er weggeht, begegnet er
einem hochgewachsenen Geistlichen, nämlich dem Kardinal Inquisitor, der von
einem Astronom begleitet wird. Galileo Galilei fragt einem Türhüter, wer diese
Gestliche ist. Darauf antwortet der Türhüter, es sei seine Eminenz, der
Kardinal Inquisitor. Sowohl Galileis als auch der Türhüters reden flüsternd. Hier
wird deutlich, dass man vor den Geistlichen viel Respekt bzw. Angst hat. Am
Ende dieser Textstelle geleitet der Astronom den Kardinal Inquisitor zum
Fernrohr. Dies ist ein Hinweis, dass Galileis Theorie von der Inquisition in
Frage gestellt werden kann.