word image
Homework

Surrealismus in Bretons `Nadja`

3.013 Words / ~12 pages sternsternsternsternstern_0.5 Author Anette K. in Jan. 2016
<
>
Download
Genre/category

Homework
Literature

University, School

Bochum Hochschule

Grade, Teacher, Year

2015, 2

Author / Copyright
Anette K. ©
Metadata
Price 5.30
Format: pdf
Size: 0.13 Mb
Without copy protection
Rating
sternsternsternsternstern_0.5
ID# 52670







Inhaltsverzeichnis


  1. Einleitung…………………………………………………………… .

  2. Surrealistische Geisteshaltung in „Nadja“……………………… .

Zufall und Wunderbares…………………………………………… .

  1. Bretons "Nadja" als Ideal des Surrealismus………………… .…… Nadjas Wahnsinn…………………………………………………… . Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Breton und Nadja………… .

  2. Zusammenfassung…………………………………………………… Literaturverzeichnis………………………………………………… .


  1. Einleitung


Der Surrealismus ist eine literarisch-künstlerische Avantgardebewegung, die sich im Frankreich in der Zeit zwischen dem I. und dem II. Weltkrieg entwickelt hat. Der Surrealismus weist ein problematisches Verhältnis zur Rationalität auf, indem er sich mit einer Art „Überrealität“ jenseits der Vernunftkontrolle unter Einbeziehung von Traum, Zufall und Wunderbarem befasst. Diese drei Begriffe haben die surrealistische Kunst besonders geprägt.

André Breton gilt als Begründer und bekanntester Vertreter des französischen Surrealismus.

In der vorliegenden Hausarbeit möchte ich mich mit dem 1928 entstandenen Werk André Bretons „Nadja“ beschäftigen. Ziel ist zu zeigen, inwiefern Nadja als Muse des Surrealismus angesehen werden kann. Dieses Werk gehört zu der „Basisschrift der klassischen Moderne“ und ist ein gutes Beispiel des surrealistischen Schreibens. In „Nadja“ wird eine surrealistische Denkweise dargestellt, in der die Trennung von Kunst und Leben negiert wird.

Nach traditionellen Gattungskategorien ist „Nadja“ kaum zu klassifizieren und wird zumeist als Erzählung oder Antiroman bezeichnet. Dieser fiktionale Text ist ein Dokument über die wirkliche Begegnung zwischen dem Autor und der mit intuitiven Fähigkeiten begabten Nadja, die der „objektive Zufall“ zusammengeführt hat. Es handelt sich von der Bedeutungstiefe, die in Zufällen, Begegnungen und banalen Ereignissen entdeckt werden kann.

Im Zentrum des Werkes steht die Begegnung Bretons mit Nadja im Oktober 1926. Es waren nur zehn Tage vom 4. Bis zum 12. Oktober, die Breton mit dieser Frau verbracht hat, die in seinen Augen ein „surrealistisches“ Leben führt, indem sie bei Tag und Nacht durch die Straßen von Paris irrt.

In dieser Hausarbeit möchte ich zunächst auf die wichtigsten Merkmale des Surrealismus eingehen, vor allem des ersten Manifestes, und zeigen, wie Breton diese in Nadja erneut definiert und umsetzt. Im nächsten Punkt soll die Figur Nadja und ihre Lebensweise darstellt werden. Wer war Nadja im wirklichen Leben und in welcher Beziehung stand sie zu André Breton? Diese Bekanntschaft zwischen dem Erzähler und Nadja ist sehr wichtig für das gesamte Werk und muss genauer analysiert und dargestellt werden.

Das Zusammentreffen zwischen André Breton und Nadja veränderte sein gesamtes Leben und beeinflusste zusätzlich die Bewegung des Surrealismus im Allgemeinen. Durch die Besonderheit ihrer Person nimmt Nadja eine wichtige Rolle ein und scheint allzu vollendet das Ideal des Surrealismus zu verkörpern. Im weiteren Verlauf muss es um Nadjas Wahnsinn und Bretons Verantwortung gegenüber der jungen Frau gehen.

Hätte Breton sie demnach retten können, sie rechtzeitig aus ihrem Wahn befreien können?

2. Surrealistische Geisteshaltung in Nadja


2. Zufall und Wunderbares

Die Surrealisten suchen in der Realität die Ereignisse, die dem zweckrationalen Geist entgehen und das Wunderbare im Alltäglichen offenbaren. Dem Interesse am Außergewöhnlichen liegt der Glaube an einen in der Realität verborgenen Sinn zugrunde, der in den zufälligen Ereignissen enthalten ist. Der objektive Zufall ist ein weiteres surrealistisches Konzept, das in Nadja begegnet ist.

Er wird als Zentrum Surrealistischer Lebensauffassung angesehen. Der objektive Zufall
setzt voneinander völlig unabhängige Erscheinungen in Beziehung. Anhand beliebiger Kriterien wird eine Übereinstimmung zwischen diesen Erscheinungen erfunden und damit ein nicht zu erfassender Sinn hervorgebracht.
Der objektive Zufall ist „der Versuch, Zufall und Notwendigkeit nicht ausschließend, sondern als Einheit zu denken.“1 Der objektive Zufall wurde zu einer zentralen Kategorie, die Breton als Begegnung einer äußeren Kausalität und einer inneren Finalität definiert.2 Er ist das ge.....[read full text]

Download Surrealismus in Bretons `Nadja`
• Click on download for the complete and text
• This is a sharing plattform for papers
Upload your paper and receive this one for free
• Or you can buy simply this text
This paragraph is not visible in the preview.
Please downloadthe paper.

In Nadjas Benehmen zeigt sich die schizophrene Entfremdung von der Welt. An einem anderen Tag beginnt sie plötzlich grundlos stark zu zittern und als Breton ihr das Geld zur Tilgung ihrer Schulden übergibt, weint sie unzufrieden. Auch Breton ist nicht immer in der Lage Nadja in ihre realitätsferne Welt zu folgen, so dass er schnell beginnt Nadjas Fähigkeit zur Realitätserweiterung anzuzweifeln.

Er hat zunehmende Schwierigkeiten ihr zu folgen. Dann geht die Beziehung zwischen den beiden immer weiter auseinander, da Breton das Interesse an ihr zu verlieren scheint. Es fällt ihm schwer, sich mit dieser praktischen Verwirklichung seiner Theorien zu konfrontieren, die Nadja nicht kennt. Breton versucht auch nicht, sich auf Nadjas spontane und spielerische Lebensweise einzustellen.

Je mehr Breton sich zurückzog, desto mehr nahm ihre Anhänglichkeit zu. In diesen Wochen der Einsamkeit schrieb und zeichnete Nadja. Es ist bekannt, dass die reale Person Delcourt ihm Liebesbriefe schrieb und in diese eigenen Zeichnungen beilegte. Auch versuchte sie vergeblich, ihn telefonisch zu erreichen. Es dauerte vier Monate. Zum Ende der Erzählung erfährt Breton, dass Nadja in ihrem Hotel wahnsinnig geworden ist.

Auch dies entspricht der Wahrheit. Schon am 21. März wird sie, weil sie ständig nach Hilfe schrie, aus dem Hotel in eine psychiatrische Klinik überwiesen. Nadja wurde zunächst in die Anstalt von Vaucluse gebracht und anschließend in eine psychiatrische Klinik im Norden eingewiesen, wo sie bis zu ihrem Tod 1941 eingeschlossen blieb.5

Nadja verlässt die Welt der Konventionen, um in einer anderen eigenen Welt zu leben, während Breton einen gewissen Anteil an der normalen Realität nicht verlieren will. Damit kommt es zu einer fast voraussehbaren Distanzierung zwischen den Beiden, weil Nadja so weit in ihrer Überwirklichkeit geht, dass sie aufhört, eine Person zu sein. Nach der Einlieferung in die Anstalt erleidet Nadja einen Identitätsverlust.

Sie ist nicht mehr in der Lage ihr eigenes Selbst wahrzunehmen.

In frühen Begegnungen beweist Nadja, dass es die Möglichkeit gibt ein surrealistisches Leben zu führen. Nadja trägt ein gewisses Potenzial in sich, die Natur der Dinge anders und klarer erkennen zu können. Die ganze Zeit steht Nadja über der Realität und kann sich problemlos von der rationalen Vernunft und somit sämtlichen Konventionen lösen, aber letztendlich verfällt sie dem Wahnsinn und geht auf den Weg der Selbstzerstörung.

Jouanny erklärt Nadjas Scheiter dadurch, dass sie unfähig ist eine bloße Realitätserweiterung vorzunehmen. Sie unternimmt einen kompletten Realitätsverlust, anstatt Realität und Traum zu verbinden und eine optimale surreale Zwischenebene zu finden. Da sie in Folge dessen nicht mehr unterscheiden kann zwischen Innen- und Außenwelt, findet sie kein Entkommen aus ihrer Wirklichkeit.6 Und in unserer Wirklichkeit ist sie nichts weiter als eine Wahnsinnige.

Nadjas Ende steht in vollkommenem Gegensatz zu dem Namen, den sie sich selbst gegeben hatte. Ihr Scheiter symbolisiert nicht ein „Anfang“, sondern vielleicht direkt das Ende der Wirklichkeit.  Auch Steinwachs bestätigt, dass Nadja nicht im Stande ist Wahn und Vernunft zu differenzieren und sich auf einer Zwischenebene aufzuhalten, um sowohl in der Traum- als auch in der realen Welt zu bleiben.7

Für Breton spielt Nadjas Scheitern hingegen eine nicht unerhebliche Rolle. Breton gerät bei Beobachtung Nadjas in Zweifel, ob man empfehlen könne, dass die Imagination direkt das Handeln leite. Indem Breton Nadjas Wahnsinn nicht mehr verherrlicht, weil er erkennt, dass er ihr nicht folgen möchte, begreift er die Genialität der Idee seines ersten Manifests. Auch Steinmetz argumentiert, dass die Schranke des rationalen Denkens nicht mehr nur Hindernis ist, sondern a.....

This paragraph is not visible in the preview.
Please downloadthe paper.

Obwohl er sich schon nach einigen Tagen mit ihr zu langweilen beginnt, kann er den Umgang mit ihr nicht lassen, denn mit Nadja ist er näher an den Dingen, die er nicht kennt. Nadia ist für Breton der Inbegriff von Surrealismus.Sie zeigt Breton neue Welt und lehrt ihm die surrealistische Erfahrung, ohne sie jemals selbst verstanden zu haben. Natürlich übernimmt sie diese Lehrerrolle unbewusst.

Breton nimmt allen Anzeichen einer tiefen psychischen Verwirrung Nadjas nicht wahr und verklärt die junge Frau zur Hellseherin, zum surrealen Medium und zum surrealistischen Idol. Er sieht in der schicksalhaften Begegnung seine mythische Auffassung von der Liebe bestätigt.12 Dass die vierundzwanzigjährige Nadja letztlich in die Psychiatrie eingewiesen wurde, verminderte seine Verehrung nicht.

Diese kurze Beziehung, die weniger als zwei Wochen dauerte, kann man ihrer Struktur nach als Opfer-Retter-Spiel charakterisieren. Breton nimmt die Rolle des Retters und Nadja die Rolle des Opfers. Breton wollte das Opfer Nadja retten, beispielsweise verkaufte er ein Gemälde, um die verarmt lebende Frau vor der Prostitution zu schützen.

Die Kritiker beschuldigen Breton doch häufig der Mitschuld an Nadjas Zustand. Pfenning erwähnt die Abhängigkeit, die Nadja trotz ihrer Realitätsferne von Breton verspürt.13 Er verdeutlicht zudem, dass Nadja die Rolle eines Opfers einnimmt. Bereits bei ihrem ersten Treffen erzählt Nadja Breton, dass sie schon zweimal auf dramatische Weise verlassen wurde. Zum einen von ihrem ehemaligen Freund aus Lille, den sie in Paris wieder getroffen hat, und zum anderen von ihrem Grand ami, der sie ebenfalls verlassen hatte.

Die Umstände zwangen sie dazu, das Geld als Prostituierte zu verdienen. Bereits bei dem ersten Kuss, den sich die Breton und Nadja im Taxi geben, hat Nadja Vorahnung, dass sie etwas Bedrohliches erwarten muss. Am 13. Oktober verlässt schließlich auch Breton die junge, hilflose Frau, die nun zum dritten Mal in ihrem Zustand voller Halluzinationen und Panikzustände allein gelassen wird.14

Könnte Breton sie demnach retten und rechtzeitig aus ihrem Wahn befreien? Breton stellt sich im Epilog selbst diese Frage. Nadjas Wahnsinn und damit auch ihr Scheitern seien von Beginn an unvermeidlich gewesen. Breton weiß, dass er die Macht über die junge Frau hat. Nadja kann sich selbst aus diesem unauflösbaren Dilemma nicht befreien und Breton kann ihr dabei nicht helfen. Über das moralisch zweifelhafte seines Verhältnisses zu der jungen Frau ist für Breton bewusst, aber ohne einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden. Er kritisiert die vernunftorientiert Gesellschaft, die willkürlich die Grenze zwischen gesund und krank festlegt.

Diese Kritik erfolgt hier am Beispiel der bekannten Menschen Nietzsche und Baudelaire, die sich einige Zeit in einer psychiatrischen Anstalt aufhalten mussten.Breton empfindet Schuldgefühle nach Nadjas Einweisung in die psychiatrische Klinik. Offen kritisiert er die Psychiatrie, nachdem die junge Frau dort eingeliefert wird. In „Nadja“ sucht Breton nach Selbstvergewisseru.....

This paragraph is not visible in the preview.
Please downloadthe paper.

Immerhin gelingt es Nadja auf einer Art Mittlerebene zwischen Traum und Wirklichkeit zu verweilen, um ihre „wunderbare“ geistige Freiheit zu genießen. Wie bekannt ist, liegen die Grenzen zwischen Genie und Wahnsinn sehr nah beieinander.Nadja schwebt die ganze Zeit zwischen Vernunft und Wahnsinn, Traum und Wirklichkeit. In weiteren Begegnungen zwischen Breton und Nadja zeichnet sich ab, dass Nadja nicht nur „den Prototyp surrealistischen Erlebens, sondern auch dessen Grenze“ präsentiert.16 Im Laufe der Zeit muss Breton jedoch herausfinden, dass Nadja zwar problemlos in eine innere Welt entkommt, sich dabei aber komplett von allem Irdischen und von der Realität entfernt.

Nadja gelingt eine bloße Realitätserweiterung nicht. Nadjas Ende steht in vollkommenem Gegensatz zu dem Namen, den sie sich selbst gegeben hatte. Ihr Misserfolg warnt Breton jedoch davor, sich komplett der rationalen Zwänge zu entziehen. Sie ist nicht, wie Anfangs angenommen, in der Lage durch Realitätserweiterung das „Wunderbare“ zu finden. Breton begreift, dass Nadja lediglich eine Gefangene ihres Selbst und nicht surrealistisch, sondern wahnsinnig ist.

Sie ist eine bizarre junge Frau, die in einem seltsamen Verhältnis zur gesellschaftlichen Wirklichkeit steht und daran zugrunde geht. Hier findet sich auch die entscheidende Unterscheidung zwischen Nadja und den Surrealisten, weil Nadja wahnsinnig ist und keine Surrealistin.


Literaturverzeichnis

  1. Balakian, A., Magus of Surrealism, New York 1971.

  • Braun, Karlheinz (Hg.). Materialien zu Peter Weiss’ „Marat/Sade“. Frankfurt a. M 1967

  • Breton, André: Nadja. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag, 2002.

  • Breton: Erstes Manifest des Surrealismus 1924, in: Breton, André: Die Manifeste des Surrealismus, Reinbek bei Hamburg 1986.

  • Breton, André:
    Die kommunizierenden Röhren, München: Rogner & Bernhard, 1979.

  • Breton, André, L’amour fou, übersetzt von Friedgelm Kemp, 1. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp 1970.

  • Bohrer, Karl, Heinz, „Nachwort: wer war Nadja?“ in: Breton, Andre, Nadja. Aus dem Französischen v. Bernd Schwibs, Frankfurt am Main 2002.

  • Bommert, Christian: Peter Weiss und der Surrealismus. Poetische Verfahrensweisen in der „Ästhetik des Widerstands“, Opladen 1991.

  • Bürger, Peter: Der französische Surrealismus. Studien zur avantgardistischen Literatur. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1996.

  • Hötter, Gerd: Surrealismus und Identität. André Breton „Theorie des Kryptogramms“. Eine poststrukturalistische Lektüre seines Werks, Paderborn 1990.

  • Jouanny, R., Nadja, André Breton: anal.....

  • This paragraph is not visible in the preview.
    Please downloadthe paper.

    6  Vgl. Jouanny: Nadja, André Breton: analyse critique, S. 48–49

    7  Vgl. Steinwachs, Mythologie des Surrealismus oder die Rückverwandlung von Kultur in Natur: Eine strukturale Analyse von Bretons „ Nadja“, S. 114–115

    8  Vgl. Steinmetz: Le surréalisme interdit, S. 36

    9  Bischof: Nadja revisited.

    10 Breton: Nadja, S.88

    11 Polizzotti:
    Revolution des Geistes, S. 413

    12  Vgl. Seifert: Leitmotive im 20. Jahrhundert: Körper, Maschine und Tod Zur symbolischen Artikulation in Kunst und Jugendkultur.

    13  Vgl. Pfenning: Der Begriff der Überwirklichkeit: Nerval, Maupassant, Breton, S. 217

    14  Vgl. ebd. S. 135

    15  Vgl.Polizzotti:
    Revolution des Geistes, S. 408

    16  Pfenning: Der Begriff der Überwirklichkeit: Nerval, Maupass.....

    References & Links

    Swap your papers