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Endarbeit
Soziologie

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

1, Prof. Kraemer, 2014

Ines E. ©
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ID# 62716







Paul DiMaggio und Walter Powell: The Iron Cage Revisited -

Institutional Isomorphism And Collective Rationality In Organizational Fields


Die zentrale Fragestellung von DiMaggio und Powell lautet: “What makes organizations so similar?” oder genauer gefragt: […] why there is such a startling homogeneity of organizational practices […] “(DiMaggio/Powell 1983, S147, 148).


DiMaggio und Powell sind der Ansicht, dass sich Webers These des Bürokratisierungs-prozesses als Homogenisierungstendenz bestätigt hat, und dass der Bürokratisierungs- und Rationalisierungsprozess von Staat und Wirtschaft im Grunde abgeschlossen ist. Die heute vorherrschende allgemeine Organisationsform ist die Bürokratie, was bedeutet, dass die heutigen Organisationen formale Organisationen sind, die weiterhin einer Homogenisierungstendenz ausgesetzt sind. „Organizations are still becoming more homogeneous, and bureaucracy remains the common organizational form“(DiMaggio/Powell 1983, S.147). DiMaggio und Powell stellen also fest, dass sich Organisationen weiterhin in ihren Strukturen und Verhaltensweisen immer mehr angleichen, aber nicht aufgrund von Wettbewerb oder Effizienzsteigerung, sondern – wie zuvor bereits erwähnt – durch den gesellschaftlichen Druck, die an sie gestellten Umweltanforderungen zu erfüllen und so Legitimität gegenüber ihrer sozialen Umwelt zu erlangen (vgl. DiMaggio/Powell 1983, S.147 u. Uhlik 2008, S. 38, 48 f.)


Daraus schließen DiMaggio und Powell, dass heute andere Ursachen für die fortschreitenden Bürokratisierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen in Organisationen maßgeblich sind - nämlich die Strukturierung in organisationale Felder. Unter dem Begriff organisationales Feld verstehen DiMaggio und Powell die gesellschaftliche Umwelt einer Organisation. Ein solches organisationales Feld setzt sich aus all jenen Organisationen bzw.

Akteuren zusammen, die die relevante Umwelt jener Organisation bilden, d.h. all jenen Organisationen, die gemeinsam einen abgegrenzten Bereich des institutionellen Lebens konstituieren. Ein organisationales Feld besteht also nicht nur aus konkurrierenden Organisationen, sondern aus allen relevanten Akteuren, wie beispielsweise verschiedene Regulierungsbehörden, wichtige Zulieferfirmen, die Endkunden bzw.

Konsumenten der Produkte und Ressourcen, zusammenarbeitenden Einheiten und Netzwerken, aber auch ressourcenliefernden und produktabnehmenden Organisationen und anderen Organisationen, die ähnliche Dienstleistungen oder Produkte herstellen bzw. anbieten (vgl. DiMaggio/Powell 1983, S.148 u. Hasse/Krücken 2008a, S.5 u. Uhlik 2008, S.48).


Ein Feld kann aber nicht einfach so bestimmt werden, sondern es muss auf der Grundlage von empirischen Untersuchungen abgegrenzt werden. Gemäß Powell und DiMaggio existieren organisationale Felder nur, wenn sie institutionell gekennzeichnet sind. Die institutionelle Kennzeichnung eines organisationalen Feldes vollzieht sich im Rahmen eines Strukturierungsprozesses. Jener Strukturierungsprozess ist gekennzeichnet durch:



. eine Zunahme der Interaktionen zwischen den Organisationen innerhalb eines organisationalen Feldes,

. das Auftreten klar definierter interorganisationaler Herrschaftsstrukturen und Strukturen der Zusammenarbeit der Organisationen eines Feldes,

. einem Anstieg der Information bzw. Datenmenge, die die Organisationen eines organisationalen Feldes zu bearbeiten haben,

. die wechselseitige Wahrnehmung und Berücksichtigung sowie die Entwicklung eines Bewusstseins von Gemeinsamkeit unter den Akteuren bzw. Organisationen eines Feldes (vgl. DiMaggio/Powell 1983, S.148 u. Uhlik 2008, S.39, 48).


Ein organisationales Feld wird demnach von den feldzugehörigen Organisationen strukturiert, und im Zuge dieses Strukturierungsprozesses gestalten die Organisationen, durch ihre Entscheidungen und ihr Handeln ihre gesellschaftliche Umwelt mit, da sie sich an anderen Organisationen - die für erfolgreicher gehalten werden - orientieren. Das bedeutet, die Entscheidungsträger der Organisationen (z.B. Manager) treffen rationale Entscheidungen und konstruieren so selbst eine externe Umwelt, die auf sie zurückwirkt.Institutionen engen die Handlungsspielräume von Organisationen bzw. deren Entscheidungsträgern ein und haben zur Folge, dass organisationale Strukturen und Entscheidungen homogener werden (vgl. DiMaggio/Powell 1983, S.147 f. u.

Uhlik 2008, S.48 u. Jörges-Süß/Süß 2004, S. 4)

For reasons that we will explain, highly structured organizational fields provide a context in which individual efforts to deal rationally with uncertainty and constraint often lead to, in the aggregate, to homogeneity in structure, culture, and output.“ (DiMaggio/Powell 1983, S.147)


In diesen organisationalen Feldern entstehen und wirken also nach DiMaggio und Powell gewisse Kräfte, die eine Homogenisierung der formalen Strukturen von Organisationen zur Folge haben. DiMaggio und Powell differenzieren drei verschiedene Mechanismen, die innerhalb eines organisatorischen Feldes auftreten können, welche sie als „three mechanisms of institutional isomorphic change“, also „ drei Mechanismen der Isomorphie“ bezeichnen (DiMaggio/Powell 1983, S.150f.). Als mögliche Gründe für die Entwicklung dieser Isomorphismen geben DiMaggio und Powell einerseits die Tatsache an, dass sich Organisationen rechtlichen Vorgaben und/oder gesellschaftlicher Normen folgen müssen, und andererseits, dass sich Organisationen stark an ihren konkurrierenden Firmen orientieren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Autoren sehen es daher als logische Konsequenz an, dass sich Organisationen in ihren Strukturen ähnlicher werden und so eine Angleichung der internen Prozesse von Organisationen innerhalb eines solchen Feldes stattfindet.


Der Begriff der Isomorphie stammt ursprünglich aus den Disziplinen der Mathematik und der Biologie, wobei DiMaggio und Powells Isomorphie-Begriff, mit dem der Biologie in hohem Maße übereinstimmt. In der Biologie und bezeichnet Isomorphie den Prozess, „der eine Einheit in einer Population dazu bewegt, sich anderen Einheiten anzugleichen, die mit den gleichen Umweltbedingungen konfrontiert sind“ (Kieser 1995, S. 283).

Die frappierende Ähnlichkeit zu dem in der Biologie definierten Begriff lässt sich in DiMaggio und Powells eigenen Worten finden, da sie von Isomorphie als “constraining process that forces one unit in a population to resemble other units that face the same set of environmental conditions” sprechen. (DiMaggio/Powell 1983, S. 149) Dies lässt auf Isomorphie als einen „natürlichen Prozess“ schließen, den DiMaggio und Powell jedoch noch weiter ausdifferenzieren.


Daher bezeichnen sie den Homogenisierungsprozess jener marktunabhängigen Organisationen in weiterer Folge als institutionelle Isomorphie. Diese Form von Isomorphie entsteht aus dem Grund, dass sich Organisationen, die nicht für den „freien Markt“ produzieren, bemühen über einen Angleichungsprozess Legitimität zu erlangen, eher als das Ziel zu verfolgen, ihre Leistungsfähigkeit zu steigern (DiMaggio/Powell 1983, S. 148).

Daher ist die institutionelle Isomorphie auch keine Auswirkung des Wunsches nach Steigerung der Effizienz einer Organisation, sondern meist auch eine strukturelle Notwenigkeit, um die Handlungsfähigkeit zwischen den Organisationen eines organisationalen Feldes (d.h. die Transaktionen untereinander) aufrecht zu erhalten. Langfristig soll dadurch die eigene Reputation sowie die Legitimität der Organisation erhöht werden.


Den ersten Typus dieses Angleichungsprozesses benennen DiMaggio und Powell „Isomorphie durch Zwang“, den zweiten „Isomorphie durch Nachahmung bzw. Imitation“ und als letzten Typ definieren die Autoren die „Isomorphie durch Normen bzw. durch normativen Druck“. Die folgende Graphik soll die drei Mechanismen der Isomorphie, sowie deren Einfluss auf die Strukturen der jeweiligen Organisationen verdeutlichen.


Abbildung 1: Angleichungsprozesse von Organisationsstrukturen In: Jörges-Süß, K/ Süß 2004, S. 5


Obwohl sich eine genau empirische Abgrenzung dieser Mechanismen als schwierig erweist, definieren die zwei Autoren durchaus unterschiedliche Grundvoraussetzungen, weshalb es zu der jeweiligen Form von Isomorphie kommen kann, ebenso wie die unterschiedlichen Konsequenzen, die sich aus einem solchem Angleichungsprozess ergeben.



Dieser Angleichungsmechanismus ergibt sich aus dem formalen sowie informellen Druck, den Organisationen auf andere Organisationen ausüben, insbesondere wenn zwischen ihnen eine Form des Anhängigkeitsverhältnisses besteht. Nach DiMaggio und Powell ergibt sich Isomorphie durch Zwang einerseits aus den politischen Einflüssen, denen sich Organisationen unterwerfen müssen und sie dazu zwingen gewisse rechtliche Vorschriften einzuhalten, wie z.B. gesetzliche Regelungen des Umweltschutzes.

Anderseits entsteht der erzwungenen Isomophismus aus dem informellen Druck, den die Gesellschaft Organisationen auferlegt, da diese kulturellen Erwartungshaltungen erfüllen müssen, um die Legitimität der Organisation aufrecht zu erhalten. Jedoch weisen DiMaggio und Powell auch darauf hin, dass einige Organisationen diesem Druck auch aufgrund von Überzeugung nachgeben, dementsprechend staatliche Einschränkungen auch als Vorteil nutzen können, um dadurch Verbindungen mit anderen Organisationen einzugehen, die demselben Druck unterliegen.


Die Autoren fügen des Weiteren noch hinzu, dass organisationalen Felder, die von politischen Entscheidungen beeinflusst werden zwei besondere Merkmale aufweisen. Einerseits wird die Flexibilität und Einzigartigkeit von Organisationen allein dadurch schon eingeschränkt, dass alle in dem jeweiligen organisationalen Felde befindlichen Organisationen den gleichen politischen Restriktionen unterliegen.

Andererseits sind sich die politischen Entscheidungsträger gar nicht der Konsequenzen bewusst, die ihre politischen Entscheidungen auslösen. (DiMaggio/Powell 1983, S. 151)


2. Isomorphie durch Imitation/Nachahmung


Der zweite Mechanismus wird von den Autoren als Isomorphie durch Imitation bzw. durch Nachahmung bezeichnet. Isomorphie, die durch Imitation anderer Organisationen erfolgt, ist laut DiMaggio und Powell meist als Reaktion auf Unsicherheit zu interpretieren, der eine gegenseitige Beobachtung zugrunde liegt, und folglich in einem Prozess der Nachahmung endet. Isomorphie durch Nachahmung entsteht meist in organisationalen Feldern mit heterogenen Erwartungshaltungen der Umweltsegmente und fordert so eine Angleichung an jenen, die innerhalb des Feldes als besonders renommiert angesehen werden.

Da der Aufwand erfolgreichere Organisationen zu imitieren kleiner ist als eigene innovative Ideen zu entwickeln, erfolgt nach DiMaggio and Powell der Prozess der mimetischen Isomorphie auch häufig implizit bzw. unbewusst, beispielsweise wenn Angestellte zwischen Organisationen ausgetauscht werden und so gewisse Verfahren automatisch in die neue Organisation mit-übernommen werden (DiMaggio und Powell 1983, S. 151).

Meist ist es jedoch den Organisationen, die imitiert werden nicht bewusst, dass die Gegenstand der Nachahmung sind.


Dieser Prozess wird in der Fachliteratur auch als ‚Benchmarking’ bezeichnet und beschreibt das Phänomen, dass sich Organisationen häufig an den Brachenbesten orientieren, und sich dementsprechend an die jeweiligen Strukturen anpassen. Das Benchmarking ist also eine gängige Methode dar, die nicht nur die Identifizierung guter Praxis systematisch erfasst, sondern in Imitation endet und letztendlich institutionell in der Oranganisation verankert wird. (Walgenberg 2000, S. 181)



Der dritte und letzte von DiMaggio and Powell beschriebene Mechanismus wird als Isomorphie durch Normen/normativen Druck bezeichnet. Dieser normative Druck entsteht durch die fortschreitende Professionalisierung gewisser Berufsgruppen, die sich im Einfluss von Berufsverbänden und Gewerkschaften begründet. Kieser beschreibt den Prozess der Professionalisierung als „ „kollektiven Bemühungen einer Berufsgruppe, die Konditionen und Methoden ihrer Arbeit zu definieren“ (Kieser 1995, S. 285), wobei jedoch auch bedacht werden muss, dass diese Berufverbände ihrerseits auch wiederum von mimetischen Prozessen sowie gesellschaftlicher Normen abhängig sind.


Einerseits ähneln sich die Denkweisen des in den Organisationen beschäftigten Personals aufgrund der ähnlichen Sozialisierungsprozesse, die sie während ihrer Ausbildung durchlaufen, und andererseits bilden sich dadurch untereinander Netzwerke, die wiederum – vor allem in Managerkreisen – Normen etablieren, Denkrichtungen vorgeben und so vereinheitlicht werden.

Durch das Auswahlverfahren, das Organisationen bei der Wahl ihrer Mitarbeiter – vor allem jener in höheren Positionen – anwenden, werden Überzeugungen und Methoden in die Organisationen hineingetragen, die einem bestimmtem Profil entsprechen müssen und somit in allen Organisationen Angestellte mit ähnlichen Ideologien, Methoden und Sichtweisen zu finden sind (DiMaggio/Powell 1983, S. 153).


Um keinen Imageverlust zu erleiden, mussten alle Hersteller hochwertiger Hardware im Bereich Smartphones, Tablets etc., um nicht vom Markt gedrängt zu werden, ähnliche Produkte auf den Markt bringen wie das Unternehmen, das die Innovationen in Gang brachte. Dies führte dazu, dass sich heutzutage die meisten Produkte dieser Marktnische in hohem Maße ähneln und daher (für den Benutzer dieser Technologien) kaum mehr voneinander zu unterscheiden sind.


All diese beschriebenen Nivellierungsprozesse verursachen einen Verlust von Individualität und führen zur Angleichung von Organisationen, weshalb DiMaggio and Powell den Ausführungen über die Mechanismen der Isomorphie eine Ausformulierung von so genannten „predictors of ismorphic change“, also Hypothesen, folgen lassen, die eine empirische Untersuchung der Angleichungsprozesse möglich machen, und in weiterer Folge auch dazu dienen soll, allgemeine Tendenzen dieser Angleichungen zu finden (DiMaggio/Powell 1983, 154).


Die folgende tabellarische Aufstellung soll einen Überblick über die von DiMaggio and Powell entworfenen Mechanismen und Hypothesen bieten, sowie Ursachen näher erläutern warum es innerhalb Organisationen zu Angleichungsprozessen kommen kann.


Abbildung 2: Uhlik 2008, S. 41


Verwendete und weiterführende Literatur


DiMaggio P. /Powell W. (1983): The Iron Cage Revisited: Institutional Isomorphism And Collective Rationality In Organizational Fields. In: American Sociological Review 48.


Hasse R. /Krücken G. (2008a): Neo-institutionalistische Theorie. In: Kneer, G./ Schroer, M. (Eds.), Soziologische Theorien. Ein Handbuch. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. In: [Stand vom 02.01.2014].



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